Seurasaari ist das größte Freilichtmuseum in Finnland, welches die gesamte finnische Volksgeschichte zeigt, indem es seine traditionelle Lebensweise durch Hütten, Herrenhäuser, Gehöfte und Kirchen, die vier Jahrhunderte des ländlichen Lebens repräsentieren, nachstellt. Alle Gebäude und Artefakte wurden aus kleinen Städten und Dörfern in ganz Finnland eingesammelt, um das finnische Bauernleben darzustellen. Insgesamt gibt es nun 35 Gebäudegruppen. In Seurasaari können die Besucher erleben, wie die Finnen ihre Arbeit, Traditionen und Feste gelebt haben. Eine Chance, den Alltag vergangener Tage zu erleben.
Es war ein sonniger Morgen, an dem wir uns entschlossen, dass es der perfekte Tag war um ein Picknick zu machen und um etwas Neues zu entdecken. Wir entschieden, dass das Freilichtmuseum von Seurasaari ein idealer Ort für einen Familienausflug sein würde, der einerseits eine perfekte Kulisse für ein Picknick bietet und gleichzeitig die seltene Gelegenheit in eine lebende Geschichtsstunde einzutauchen.
Der Weg dorthin war sehr einfach, der Bus Nr. 24 fuhr regelmäßig und wir konnten direkt im Zentrum der Stadt einsteigen. Der Weg führte uns entlang der Küste, vorbei am Sibelius Park und direkt zu der Brücke, welche die Insel mit dem Festland verbindet.
Eine Brücke in die Vergangenheit
Wir überquerten die Holzbrücke über das Meer, auf dem Schwäne anmutig vorbei glitten, als meine Frau unseren Sohn daran erinnerte, dass diese majestätischen Vögel der Nationalvogel Finnlands ist. Auf der Insel angekommen, machten wir uns auf den Weg zum Informationsstand und zum Ticketschalter.
Obwohl es kostenlos ist auf der Insel herumzugehen, ist die Eintrittskarte für die eigentlichen Museumsgebäude kostenpflichtig. Wir wollten die Innenräume ebenso sehen wie die Außenanlagen. Wir kauften also ein Familienticket für 20€ und nachdem wir bezahlt hatten, nahm ich mir eine kostenlose Inselkarte und wir begannen unsere Reise durch Finnlands
Wir wählten den linken Weg und gingen an alten Holzhäusern vorbei und fanden uns bald auf den Bauernhöfen von Ivars und Kurssi wieder. Beide Höfe sind zweistöckige Gebäude aus der Region Ostrobothnia in Finnland. Ivars wurde zu unserem ersten, ziemlich beeindruckenden, ersten Kontakt mit dem bäuerlichen Leben. Ein Führer der in traditioneller Tracht auf der Veranda saß, bat uns herein, um uns ein paar Geschichten rund um den Hof zu erzählen.
Ivars und Kurssi Bauernhäuser
Der Ivars Hof, der 1764 erbaut wurde, hatte eine elegante Veranda, und wir erfuhren, dass sie zu Ehren Zar Alexander I. gebaut worden war, der 1819 zu Besuch kam, um zu ruhen und die Pferde zu wechseln. Einer der Innenräume war ebenfalls vor seiner Ankunft umgebaut worden; Die „Kaiserliche Kammer“ war mit einer üppigen grünen Tapete im Empirestil verziert. Ivars wurde mit vielen schönen Textilien und auch feinster Bettwäsche ausgestattet.
Nachdem wir das Innere von Ivars erkundet hatten, liefen wir um das Gebäude herum, um den Hof und das Bauernhaus von Kurssi zu sehen. Es war offensichtlich, dass die Besitzer dieser Farm nicht so reich waren wie die von Ivars. Draußen saß eine Frau in Trachten neben der Kornkammer und filzte. Also hielten wir, um uns die Arbeitsweise erklären zu lassen und um ihre Werke zu bewundern.
Niemelä Pachthof
Wir setzten unseren Weg durch den Wald fort, bis wir auf dem Pachthof Niemelä ankamen, dem einzigen Pachthof im Museum. Diese alten Gebäude wurden aus Konginkangas in Mittelfinnland hierhin verlegt und 1909 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Rauchsauna ist das älteste Gebäude hier, und hat einen so dunklen Innenraum, dass es schwierig war, mehr als riesige Steine auszumachen. Es gab auch ein schornsteinloses Häuschen gegenüber, welches die einzigen Wohnräume in der Gruppe von Gebäuden hergab. Es gibt einen Milchlagerraum und uns wurde erzählt, dass im Sommer das Kochen unter einem Unterstand in der Mitte des Hofes stattfand. Es gibt auch einen Schuppen für Fischernetze und Ausrüstung und weitere 5 Nebengebäude, die wahrscheinlich von weiteren Familienmitgliedern genutzt wurden. Es gibt einen Kuhstall, einen Schweinestall, eine Trockenscheune, ein Bootshaus nahe dem Wasser und ein Tipi-artiges Zelt in dem Wasser für die Wäsche erhitzt wurde.
Die Karuna Kirche
Als nächstes gingen wir zur Karuna-Kirche und kamen auf dem Weg dorthin an einem langen Kirchenboot vorbei. Die Karuna-Kirche mit ihrem markanten Glockenturm liegt direkt gegenüber den Gebäuden von Niemelä und war das beeindruckendste Gebäude, das wir bisher gesehen hatten. Es wurde 1685-86 in Sauvo, in der Karuna-Region südöstlich von Turku, erbaut. Die Kirche wurde in den Jahren 1773-74 renoviert und erhielt das steil aufragende Dach das Sie heute sehen.
Wir legten eine Pause ein, um ein paar Fotos neben der Statue des Bettelknaben nahe dem Glockenturm zu machen und fanden abermals die Bestrafungsvorrichtung im Kirchenvorraum. Im Inneren hängen 11 Ölgemälde und die ungewöhnlichsten Kerzenhalter, in Form von Händen, die ich je gesehen habe. Christus und die Apostel sind auf das Geländer der Orgelgalerie gemalt. Die Kanzel stammt aus den 1680er Jahren. Das Licht, welches durch die Kirchenfenster hereinschien, war wirklich wunderschön. Draußen wurden wir einer alten hölzernen Windmühle gewahr und gingen hinüber, um sie weiter auszukundschaften.
Kahiluoto Herrenhaus
Wir gingen den Pfad von der Kirche zurück und betraten das Gelände des sehr beeindruckenden Kahiluoto Herrenhauses, das von der Insel Kahiluoto im Turku Archipel hierhergebracht worden war. Seit dem Mittelalter war dort ein Gutshof, aber das Hauptgebäude stammt aus der Zeit um 1790. Als wir den Hof betraten, standen wir mittig vor einem zweistöckigen Gebäude welches lange, einstöckige Flügel auf beiden Seiten hatte. Wir gingen um das Gebäude herum und entdeckten einen schönen Garten. Obwohl das Wetter etwas trübe geworden war, entschieden wir uns diesen ausgezeichneten Platz zum ausruhen und entspannen und für ein Picknick zu nutzen, bevor wir das Innere des Herrenhauses erkunden würden.
Im Inneren des Gebäudes erkundeten wir den geräumigen Speisesaal und den Salon im Erdgeschoss, der damals mit einer gustavianischen Stofftapete bedeckt war. Die Möbel waren faszinierend und stammten von einer Reihe finnischer Herrenhäuser, wobei ein Raum im Erdgeschoss als Biedermeier-Empfangsraum eingerichtet war. Die Zimmer im Obergeschoss waren entweder mit Biedermeier- oder Neo-Rokoko-Möbeln bestückt, mit schönen bewundernswerten Details. Als wir wieder nach unten kamen gingen wir in die Küche, die typisch für eine rustikale Wohnung war, mit einem riesigen Ofen und originalen offenen Regalen.
Das Pertinotsa Haus
Wir verließen das reizende Gutsgelände und gingen auf dem Waldweg zurück, bis wir bei dem Pertinotsa Haus ankamen, das aus Suojärvi nahe der russischen Grenze in Karelien hierhergebracht worden war. Auf einem kleinen Hügel sitzend wirkte das Hauptgebäude sehr massiv. Pertinotsa ist typisch für nordrussische Behausungen, in denen sich unter dem gleichen Dach Räume für Menschen und Ställe befinden. Das Hauptwohnzimmer im Obergeschoss und die angrenzenden Zimmer waren das Zentrum der damaligen täglichen Familienaktivitäten. Es gab ein altes orthodoxes Gemälde in der Ecke des Hauptraumes das Teil der ursprünglichen Einrichtung war und das aber in einem Museum auch nicht fehl am Platze wäre. In den restlichen Gebäuden befinden sich typische Artefakte und Utensilien dieser Epoche.
Klein-Helsinki
Auch wenn die meisten Häusergruppen hier in Seurasaari das bäuerliche Leben in der ländlichen Region Finnlands zeigen, gibt es einen Bereich der vor kurzem neu hinzugefügt wurde- Klein-Helsinki.
In diesem kleineren Bereich steht ein wundervolles Sommerhaus, welches früher zu einem Hof auf dem berühmten Helsinki Bulevardi gehörte, und ein Stall aus Kaivopuisto der früher einer adligen Dame gehörte und hierher gebracht wurde.
Antti Gehöft
Wir beschlossen, dass unser letzter Halt in Seurasaari das Antti-Gehöft sein sollte, das mehr oder weniger im Zentrum des Freilichtmuseums steht. Hier gibt es viele Gebäude, die aus Säkylä in der westfinnischen Region Satakunta stammen und in den Jahren 1930-1931 errichtet wurden. Dieser Hof repräsentiert das geschlossene Hofmuster, das seit dem Mittelalter in Westfinnland gebaut wurde.
Unsere Zeitplanung hätte nicht besser sein können, denn als wir ankamen, begann gerade die Aufführung eines Volkstanzes in alten Trachten. Natürlich setzten wir uns und schauten zu. Als die Musik und der Tanz zu Ende waren, entdeckten wir das Museumscafé „Kaffeliiteri“ in einem Holzschuppen im Hof und machten dort Pause, tranken einen Kaffee und nahmen einen Snack zu uns, bevor wir unsere Erkundungen weiter führten.
Der Hof ist von Gebäuden umgeben, die von den Bewohnern genutzt werden: das Hauptgebäude, ein Lagerhaus zum Schlafen und zum Aufbewahren von Kleidung, ein Speisekeller, eine komplett ausgestattete Küche und eine Sauna. Im Scheunenhof sind die Unterstände für die Schweine, Schafe, Kühe und Ochsen, sowie die Futterställe.
Das Hauptgebäude besteht aus einem Hauptraum, einem Nebenraum der als Küche diente, und zwei entzückenden Schlafzimmern mit edlen Tapeten. Das Kochen und das Backen fand in der Küche statt, obwohl in Westfinnland nur zweimal im Jahr gebacken wurde, wobei das Brot erst auf den Sparren getrocknet und dann in der Kornkammer gelagert wurde. Die Veranda auf der linken Seite des Gebäudes führt in den Salon und das Gästezimmer, die so eingerichtet waren wie es vor Hunderten von Jahren gewesen sein musste
Abschließende Gedanken zum Seurasaari Freilichtmuseum
Bevor wir gingen, machten wir Halt im Souvenirladen, der eine Reihe Eingemachtes, Säfte und historische Souvenirs verkaufte. Es hat Spaß gemacht, zu stöbern, und am Ende haben wir ein paar Marmeladen und ein paar andere Dinge mitgenommen, um sie Freunden oder der Familie im Ausland zu schenken. Insgesamt war es ein wunderbarer und sehr lehrreicher Tag. Die wilde Natur der Insel mit ihren pittoresken Waldwegen und unberührten Küsten bereicherte das ganze Erlebnis noch zusätzlich. Die Gebäude sind faszinierend und die volkstümlichen Führer in ihren traditionellen Kostümen verleihen dem Museum einen Hauch von Authentizität und geben gleichzeitig informative Kommentare und gute Empfehlungen. Ein Spaziergang auf dieser friedlichen, ländlichen Insel gibt einem leicht das Gefühl, als wäre man aus einer Zeitmaschine in ein Stück lebendige Geschichte hineingetaucht. Informativ, lehrreich und vor allem unterhaltsam, so ist Seurasaari ein echtes Kleinod für Touristen aus Helsinki und absolut perfekt für einen Familientagesausflug. Es war eine so großartige Erfahrung, dass wir ohne Zweifel in naher Zukunft zurückkehren werden, um diese faszinierende Insel weiter zu erkunden. Und bei 20 € für ein Familienticket glaube ich, dass ein Besuch in Seurasaari auch zu den günstigsten Angeboten in Helsinki gehört. Ich kann es in jedem Fall jedem empfehlen, der sich für die Volksgeschichte Finnlands interessiert.
Das Seurasaari Open Air Museum öffnet am 15. Mai 2018.